Wie viel Datenschutz gilt bei Fragen von der Polizei?
Der kleine feine Datentipp
Lesezeit: ca. 4 Minuten

Der Mann auf dem Foto
Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten als Empfangskraft. Eines Morgens steht ein
Polizist am Empfangstresen und hält Ihnen einen Ausdruck unter die Nase. Bei dem Dokument handelt es sich um das Protokoll einer
Geschwindigkeitsübertretung, ein Foto des Fahrers liegt bei. 23 km/h zu schnell außerhalb geschlossener Ortschaften. Das Fahrzeug: ein
Poolfahrzeug aus dem betrieblichen Fuhrpark. Der Mann auf dem Foto: gut zu erkennen. Eindeutig ein Kollege von Ihnen. „Arbeitet der Mann auf dem Bild hier?“, lautet die Frage des Polizisten.
Sie zögern. Sollen Sie antworten? Der Polizei muss man doch helfen, wo es geht, oder?
Personendaten an die Polizei weitergeben?
Was ist zu tun? Bereitwillig Auskunft geben oder die Auskunft verweigern und auf Datenschutz pochen? Beides kann falsch sein. Besser einmal durchatmen und die Sache in Ruhe betrachten.
Was der Polizist möchte, ist eine Auskunft über einen Kollegen, sprich: die Herausgabe personenbezogener Daten. Müssen Sie diese Daten preisgeben? Gut, wenn Sie jetzt die Grundlagen für die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung kennen. Denn die Beantwortung der Frage des Polizisten kann eine Datenverarbeitung sein – möglicherweise eine unzulässige.
Lautet die Antwort wahrheitsgemäß „Ja, der Mann arbeitet bei uns“, wird die nächste Frage mutmaßlich lauten: „Wie heißt er?“ Und: „Nennen Sie mir bitte seine Adresse?“ Spätestens jetzt geht es um handfeste personenbezogene Daten.
Heikle Datenpreisgabe
Geben Sie offen Auskunft, riskieren Sie, wenn auch unbeabsichtigt, eine
unerlaubte Datenverarbeitung. Die erfolgt, wenn Sie unrechtmäßig Personendaten weitergeben. Schließlich gilt: Sie dürfen nur Daten verarbeiten – und wenn Sie jemanden auf einem Foto identifizieren, tun Sie das – wenn Sie dies auf Anordnung des Verantwortlichen tun und dafür eine Rechtsgrundlage vorliegt.
Keine Auskunft ohne Rechtsgrundlage
Sechs mögliche Rechtsgrundlagen gibt es, die jetzt idealerweise vor Ihrem inneren Auge vorbeiziehen. Einwilligung des Kollegen in die Weitergabe der Daten an die Polizei bei derartigen Anfragen – wenig wahrscheinlich. Verarbeitung im Zuge einer Vertragserfüllung oder vorvertraglichen Maßnahme? Ausgeschlossen. Vielleicht eine rechtliche Verpflichtung? Klingt schon besser, dazu gleich mehr. Schutz lebenswichtiger Interessen des Kollegen? Taugt eher nicht. Aufgabe im öffentlichen Interesse? Hat auch was, aber: Dafür hat der Staat ein Bußgeldverfahren eingerichtet, dessen erster Schritt der Zeugenfragebogen mit dem Beweisfoto ist. Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten? Passt auch nicht, zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt.
Auskunft als rechtliche Verpflichtung?
Also zurück zur rechtlichen Verpflichtung.
Erkundigen Sie sich doch bei dem Polizisten
nach der Rechtsgrundlage. Zieht er jetzt einen
richterlichen Bescheid aus der Tasche, sollten Sie diesen
sorgfältig prüfen oder noch besser: jemanden um Hilfe bitten, der sich mit so etwas auskennt. Erweist sich das Anliegen als berechtigt, dürfen Sie Auskunft geben.
Hat der Polizist aber
nichts dabei, machen Sie ihm einen
Vorschlag zur Güte:
„Um Ihre Frage beantworten zu können, muss ich mich selbst erkundigen. Darf ich eine Kopie des Zeugenbefragungsbogens anfertigen? Dass das Fahrzeug bei uns zugelassen ist, sehe ich anhand der Nummer, und wenn ich kann, unterstütze ich Sie gerne.“ Dagegen kann der Polizist nichts haben.
Und dann? Sollten Sie
auf den Kollegen zugehen, ihm den Bogen zeigen und ihm sagen, dass die Polizei da war und sich nach ihm erkundigt hat, und er sich doch
bitte
mit der ermittelnden Stelle in Verbindung setzen soll. Schon sind Sie den Schwarzen Peter los.
Tipps gegen unberechtigte Auskünfte über Kollegen
Mit diesen Tipps vermeiden Unternehmen mit Poolfahrzeugen unbefugte Datenweitergabe über Kollegen.
- Stellen Sie sicher, dass alle Empfangskräfte die entsprechenden Vorgaben kennen und sich im Ernstfall richtig verhalten.
- Prüfen Sie, ob für Poolfahrzeuge immer ein Fahrtenbuch vorliegt, denn danach wird die ermittelnde Stelle als nächstes fragen. Oder fordern Sie den Verantwortlichen auf, auf behördliche Anordnung ab sofort ein solches einzuführen.
- Homeoffice oder nicht: Regeln Sie, dass der oder die betroffene Kolleg·in von der Ordnungswidrigkeit erfährt.
- Sensibilisieren Sie auch die übrigen Kolleg·innen und stimmen sie auf das richtige Verhalten in einem solchen Fall ein.
Das ist die
Kernfrage: Ist sichergestellt, dass auch gegenüber Autoritätspersonen wie Polizisten keine unberechtigten Auskünfte über Kollegen erteilt werden?
Bei Datenschutz-Fragen Team Datenschutz fragen.
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